Allgemeine Zeitung Oktober 2015

Allgemeine ZeitungNieder-Olm 13.10.2015

Ein perfektes Gespann: Nieder-Olmer und Schwabenheimer sind Deutsche Meister in Q-Klasse

Die Q3-Gespannfahrer Klaus Michel und Jan Schmahl in Aktion auf dem Nürburgring (re.) und zusammen mit Margita und Wilfried Schmahl, die auf den Z3 umgestiegen sind. <br / Von Marta Thor

NIEDER-OLM/SCHWABENHEIM - Sie sind ein perfektes Gespann. Gute Freunde, Arbeitskollegen, Partner im Motorrad-Gespann und nun auch Deutsche Meister. "Das war eigentlich nicht geplant", Klaus Michel und Jan Schmahl lachen verschmitzt. Denn die Freunde betreiben diesen Sport erst seit der letzten Saison. Nachdem sie aber drei Siege in Folge errungen hatten, packte sie der Ehrgeiz: Erster Platz in der Klasse Q war der Lohn.

Doch zunächst, zurück zum Anfang, besser gesagt, in die Garage von Jan Schmahls Eltern in Ober-Olm. Dort steht das BMW-Cupgespann, eine 1000-Kubik-Maschine, Baujahr 1974, 90 PS. Bis zu 200 Sachen macht das umgebaute Motorrad auf der Strecke. Klasse Q, das bedeutet im Gespann-Jargon, dass Maschinen der Baujahre 1970 bis 1983 als Sitzgespann fahren. Jan Schmahl lenkt das Motorrad und Klaus Michel "turnt" im rechtsseitigen Cup hin und her, um ihn zu stabilisieren, damit das Gespann nicht in der Kurve abhebt.

  • FAKTEN ÜBER GESPANN-RENNEN

Die DHM (Deutsche Historische Motorradmeisterschaft) trägt sechs Rennen pro Jahr aus mit je zwei Wertungsläufen.

In der Saison, von März bis September, wird auf Strecken am Nürburgring, in Colmar-Berg (Luxemburg), Metz (Frankreich), Oschersleben und Hockenheim gefahren.

Die Klassen werden zwar gemischt, aber doch bauartbedingt zusammengestellt: So fahren beispielsweise keine Sitz- gegen Kniegespanne.

Gewertet werden nicht nur Schnelligkeit, sondern vor allem die Gleichmäßigkeit, mit der die Gespannfahrer ihre Runden fahren.

Keine Sicherheitsgurte

Michel demonstriert wie das geht, und kniet sich geduckt auf die flache, tief liegende Plattform. Bei einer Rechtskurve lehnt er sich weit aus dem Cup heraus, hält sich lediglich an einem Griff fest. Sicherheitsgurte gibt es keine. In einer Linkskurve zieht er sich fast schon hinter Jan auf den Sitz. "Das ist richtig Action und kostet richtig viel Kraft", erklärt Michel, aber ohne sein Zutun würde der Fahrer es sofort merken. Die große Kunst des Gespannfahrens sei es, das Fahrverhalten vom Gespann abhängig anzupassen. "Und das Vertrauen muss stimmen. Das Zusammenspiel beim synchron agieren funktioniert sonst nicht", fügt Schmahl hinzu.

Die 35-Jährigen sind beide familiär vorbelastet, was den Motorradsport betrifft. Michels Vater hat Rennmaschinen konstruiert, seine Brüder fahren erfolgreich Solo-Rennen. Und Schmahls Eltern sind leidenschaftliche Gespannfahrer: Als Kind saß er bei Urlaubsfahrten im Beiwagen. Sie sind auch mit dem "Q3" Rennen gefahren, bis sie vergangenes Jahr in eine andere Klasse gewechselt haben. Nun fahren sie ein noch flacheres Z-Kneeler-Gespann, das eine höhere Kurvengeschwindigkeit zulässt.

Als der Q-Cup frei geworden ist, hatte Jan Schmahl, der in Schwabenheim lebt, plötzlich selbst Interesse am Hobby seiner Eltern. Er probierte sich als Beifahrer bei seinem Vater und zog sich Rippenprellungen zu: "Nie mehr wieder!" Mit dem Nieder-Olmer Klaus Michel fand er einen Mitstreiter, der sofort Feuer und Flamme war. Beim ersten Probelauf bei der Einstellfahrt in Oschersleben haben die jungen Männer ausgetestet, ob sie als Gespann zusammenpassen. Und siehe da, "es hat auf Anhieb funktioniert, sah gut aus und wir waren nicht langsam", sagt Michel stolz.

Bei den Rennen der DHM (Deutsche Historische Meisterschaft) starten verschiedene, ähnliche Klassen miteinander, werden aber einzeln gewertet. So kommt es, dass neben Q- auch C- und Y-Fahrer mit auf der Strecke sind und weil mindestens 25 Starter zusammenkommen müssen, es aber oft nur etwa acht pro Klasse gibt, erläutert Jan Schmahl. Nach der ersten Eingewöhnungs-Saison 2014, starteten sie in diesem Jahr bei den sechs Rennen, mit je zwei Wertungsläufen.

Anfangs wollten sie nur üben, doch nach der ersten guten Bilanz gaben die beiden ihr Bestes. Am Ende reichte es zum Überraschungssieg. Natürlich euphorisiere das einen, sagt Jan Schmahl, "man überlegt, ob man es nicht professioneller machen will. Aber der Kopf sagt Nein. Wir wollen einfach Spaß haben." Die Atmosphäre bei DHM-Rennen sei sehr familiär, erst auf der Strecke werden die Teilnehmer zu Rivalen.

In einigen Klassen sei man mit bis zu 300 Kilometern pro Stunde unterwegs, da passieren auch schlimmere Unfälle, als die paar blauen Flecken, die Schmahl und Michel in der Regel davontragen. "Wir wollen am nächsten Tag ja noch zur Arbeit", sagen die Hobby-Rennfahrer. Aber der Erfolg habe sie schon angespornt. In der Gleichmäßigkeitswertung sind sie nun Erste, aber nur Drittschnellste in der Gesamtwertung. Das ist das Ziel für die nächste Saison.